So 17. Juli 2022 18:00 Uhr
Mettingen Draiflessen
22 €, 18 € erm.

Blaž Sparovec & c/o chamber orchestra

GO EAST

Blaž Šparovec, einer der international führenden jungen Klarinettist:innen, trifft sich mit dem c/o chamber orchestra aus Berlin, in dem Individualist:innen aus zwölf Ländern miteinander spielen – ohne Dirigenten. „c/o“ steht für chamber orchestra und care of, „in Obhut von“: „Ein Komponist schreibt Noten auf Papier, doch das Geschriebene wird erst Musik, wenn wir Interpret:innen es zum Leben bringen – jeder und jede und alle gemeinsam, in jeder Aufführung aufs Neue, wie zum ersten Mal.“

Go East, nach Osten, auf Entdeckungstour: Grażyna Bacewicz, eine der bedeutendsten polnischen Komponist:innen, hatte 1948 mit ihrem expressiv-neoklassizistischen Konzert international Erfolg. Selbstbewusst-festlich der Beginn, im Andante eine innige Melodie über mysteriös-schillerndem Grund, das Vivo schäumt über vor Lebensfreude und Kraft. Betörend die Klarinette zu Beginn von Pendereckis 2. Sinfonietta (1994), im Scherzo kämpft sie heftig mit den Streichern, wie Freund:innen, die sich miteinander amüsieren. In der Serenade kommt Ruhe auf, die Bewegung fast zum Stillstand, und der Abschied beginnt: eine lange Elegie, unendlich melancholisch, unheimlich schön. Unterm Druck des Sozialistischen Realismus, aber auch, weil er bewunderte, wie Warschaus Altstadt nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut worden war, schrieb Panufnik 1950 seine „Altpolnische Suite“. Bis dato war frühe Musik aus Polen fast vergessen, das Erbe in den Verwüstungen der Geschichte großenteils vernichtet worden. Panufnik komponierte aus alten polnischen Tänzen eingängige Musikstücke im Stil des 16. und 17. Jahrhunderts. Das Concertino des ungarischen Komponisten Mátyás Seiber ist ein Bravourstück für Klarinette, das schneller beginnt, als man hören kann, mit irren Läufen in Klarinette und Orchester. Dann schräge Einfachheit, die ins Ohr geht, neckisch-foppend das Scherzo und das Finale ein brausendes Fest. Dessen Nachklang: die Rumänischen Tänze Bártoks, bunte Miniaturen, volksmusikalisch inspiriert, hüpfend, elegant, aufgeräumt, stürmisch.

Besetzung

Blaz Sparovec Klarinette c/o chamber orchestra

https://www.blaz-sparovec.com/ | https://www.co-chamberorchestra.com/

Programm

Grażyna Bacewicz (1909–1969)
Konzert für Streichorchester

Krzysztof Penderecki (1933–2020)
Sinfonietta Nr. 2

Andrzej Panufnik (1914–1991)
Altpolnische Suite für Streichorchester

Mátyás Seiber (1905–1960)
Concertino für Klarinette und Streicher

Béla Bártok (1881–1945)
Rumänische Volkstänze

Draiflessen

49497 Mettingen
Georgstraße 18

Die Draiflessen Collection wurde 2009 auf Initiative der Unternehmerfamilie Brenninkmeijer gegründet. Das gemeinnützige Kunstmuseum präsentiert Ausstellungen zu gesellschaftlich relevanten Themen und begleitet sie mit einem umfangreichen Vermittlungsprogramm. Die Vorfahren der Brenninkmeijers waren sog. Tüötten, westfälische Wanderhändler aus Mettingen, die im 17. und 18. Jh. in Deutschland und Europa mit Leinen handelten.

Mit Draiflessen knüpft die Unternehmerfamilie Brenninkmeijer an ihre Wurzeln in Mettingen an. Der Name „Draiflessen“ ist aus der Geheimsprache der Tüötten abgeleitet. In den Wortstämmen „drai“ (drei, Dreifaltigkeit, drehen, Handel treiben) und „flessen“ (Flachs, Leinen, Heimat) kommen für die Familie bedeutsame Themen zum Ausdruck: ihre Verbindung zu ihrem westfälischen Ursprung, ihr christlicher Glaube und ihr Unternehmertum, das im Leinenhandel gründet.

In Kooperation mit der Draiflessen (Collection & Conference) www.meetmusic.online

So 17. Juli 2022 11:00 - 17:30 UhrEintritt mit Konzertkarte 6€ (Museumskasse)

Die Kunst der Wiederholung

Raffaels „Sixtinische Madonna“ (1512/13) gehörte schon im 19. Jh. zu einem der meistreproduzierten Gemälde. Ursprünglich für den Hochaltar der Kirche San Sisto im italienischen Piacenza geschaffen, wurde das Bild im 18. Jahrhundert an den Dresdner Hof verkauft. In die Kirche stellte man eine Kopie.

Die perfekte Kopie eines Gemäldes wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hoch geschätzt, der Kopist galt als Könner. Spätestens aber, als sich in der Moderne der Anspruch auf Originalität durchsetzte, verlor das Kopieren, Wiederholen, seine Legitimität. Nichtsdestotrotz kamen zahlreiche Kopien eines Werkes seiner Popularität und dem Renommee seines Schöpfers bzw. seiner Schöpferin zugute. Lässt sich also die Bedeutung eines Werkes nicht gerade über seine vielfältigen Wiederholungen ausmachen?

Die Ausstellung „Die Kunst der Wiederholung“ zeigt Kopien von Gemälden, außerdem Grafiken, die gemalte Bilder reproduzieren, hier die Sixtinische Madonna. Daneben sind Gipsabgüsse der sog. Venus von Milo sowie der Aegineten zu sehen, Skulpturenfragmente, die 1811 auf der griechischen Insel Aegina entdeckt wurden. Die marmornen Vorbilder dieser Skulpturen zählten zu den berühmtesten Skulpturen der Antike. Ebenfalls zu sehen sind Ergänzungen des Gipsabgusses des Torsos vom Belvedere und Korkmodelle antiker Bauwerke.

Das Wiederholen eines Motivs oder einer ganzen Figur in Gips blickt auf eine lange Tradition zurück, die bis in die Antike reicht. Gipsabgüsse dienten der Vervollständigung privater und öffentlicher Sammlungen, als Studienobjekte und Inspiration in der künstlerischen Ausbildung, der Anschauung derer, die nicht zum Original reisen konnten. Im 19. Jahrhundert war der Gipsabguss beliebt und wurde zeitweise als „Zweitoriginal“ und wegen seiner ebenmäßigen und weißen Oberfläche sogar höher geschätzt als die Vorbilder aus Marmor oder Bronze.

Wie also ist eine Kopie, aber auch das zugrundeliegende Vorbild zu bewerten? „Die Kunst der Wiederholung“ will anregen, Kriterien wie Originalität, Herkunft und Autorschaft neu zu überdenken.

08.05.–31.07.2022
MO-SO 11:00 – 17:00 Uhr | Am Konzerttag 11:00–17:30 Uhr

Anton Hille, Die Sixtinische Madonna, 1913. Öl auf Leinwand, nach Raffael 1512/13 © Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut