Ensemble Sonorità
Doppelkonzert Teil B
A Bird Fancier’s Delight – Vogelfreunds Freude
Kommt, all’ ihr Sänger des Himmels“, heißt es in Purcell’s Semioper „Fairy Queen“ nach Shakespeare’s „Sommernachtstraum“, aber nur ihr „harmlosen“ und „guten“.
Vogelstimmen wurden in der Barockmusik häufig imitiert. Glaubte man, dadurch der wortlosen „Sprache der Natur“ näherkommen, mit den zarten Wesen kommunizieren zu können, die frei am Himmel ziehn, oder aber in einer Voliere leben und dennoch wunderschön singen? Man freute sich an ihrem Gesang und projizierte die eignen Gefühle in sie hinein. Das war so populär, dass 1717 eine Flageolet-Schule – das Flageolet ist eine Miniblockflöte, die bei Gentleman-Amateuren beliebt war – unter dem Titel „The Bird Fancyer’s Delight” (Des Vogelfreundes Freude) erschien, die auch dazu anleitet, Vögeln im Käfig neue Melodien beizubringen. Man erhob die gefiederten Freunde zum Symbol – für Unschuld und Reinheit der Liebe oder die Melancholie und Dunkelheit glühenden Verlangens, wie etwa die Nachtigall Hotteterres aus der Arie „Pourquoi doux rossignol“: „Aber wenn du meine Liebe nicht erträgst, so überlass mein Herz dem Feuer, das es verschlingt. / Warum, du süße Nachtigall, wachst du in diesem dunklen Raum vorm Morgengrauen auf?“ Oder der Vogel im Bauer steht, siehe Monteverdis „caro augellino“, für’s Gefangensein im Käfig der Liebe. Anders als den des lieben Vögleins jedoch erhört die Schöne den Gesang des Verliebten nicht. Nicht zuletzt erinnert, oft augenzwinkernd, komponierter Vogelgesang ans muntere Zwitschern, leidenschaftliche Vögeln unsrer eigenen Spezies. So das Blockflötenduett in Purcells C-Dur-Sonate und Williams’ Sonata Secunda.
Für Komponisten aber lag in der Mimesis von Vogelgesang, von Natur, noch ein anderer Nutzen: Mit ihr konnten sie die Virtuosität und Expressivität ihrer Stücke, extravagante Melodiesprünge, Verzierungen und Tonrepetitionen oder humoristische Elemente legitimieren und so die strengen vorgegebenen Kunstformen durchbrechen – ihre Phantasie singen und fliegen lassen, vogelfrei.
Das Ensemble Sonorità vereint junge Barockspezialist:innen aus fünf Kulturen, die sich an der Schola Cantorum Basiliensis, einer der weltweit führenden Hochschulen für historisch informierte Aufführungspraxis, fanden. Sonorità, Preisträger z.B. des 19. Biagio Marini Wettbewerbs.
Fotos © Daniele Caminti
Besetzung
Hoijin Kwon Blockflöte Lea Sobbe Blockflöte Melanie Flores Cembalo Ekachai Maskulrat Cello Pablo Fitzgerald Erzlaute, Barockgitarre
Programm
A BIRD FANCYER’S DELIGHT
Johan Wash (1666-1736)
The Starling
Henry Purcell (1659-1695)
A Birds Prelude
Sonata VII in C-Dur Z. 808
William Williams (1675-1701)
Sonata Secunda
Sonata in Imitation of Birds
Angelo Michele Bartolotti (1615-1681)
Passacaille in G-Dur
Jacques-Martin Hotteterre (1673-1763)
Doux sommeil
Pourquoi doux Rossignol
Jean Philippe Rameau (1683-1764)
Le Rappel des Oiseaux
Johann Christoph Pez (1664-1761)
Concert pastorella
Marco Uccellini 1603/10-1680)
Sonata XVII
Aria sopra „La Bergamasca“
Claudio Monteverdi (1567-1643)
O come, sei gentile, caro augellino
Tarquinio Merula (1595-1665)
Sonata 20: Ciaccona für 2 Violen und
Basso obligato
Erbdrostenhof
Der Erbdrostenhof, 1753-1757 nach Plänen Johann Conrad Schlauns erbaut, ist eines der prächtigsten Adelspalais des deutschen Spätbarock. Bauherr war der Erbdroste Adolf Heidenreich Freiherr von Droste zu Vischering, einer der ranghöchsten Würdenträger des Bistums Münster. Schlaun hat den dreiflügeligen Bau in die Diagonale gedreht, wodurch er auf einem relativ kleinen, rechteckigen Grundstück Platz für den Ehrenhof vor dem Haupteingang gewann. Typisch westfälisch ist die mit roten Backsteinflächen und Baumberger Sandstein gestaltete Fassade.
Über dem Vestibül des Erbdrostenhofs liegt die zweigeschossige „salle à l’italienne“ mit illusionistischer Wand- und Deckenmalerei. Abgebildet sind u.a. Statuen, die Allegorien der Tugenden des guten Fürsten darstellen: Eintracht, Liebe, Hoffnung, Tapferkeit, Freigebigkeit, Milde, Friedfertigkeit. Doch gezeigt wird auch deren Gegenteil, etwa der Zorn mit einer mächtigen Schlange. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Fresken von Nikolas Loder wurden von 1965 bis 1967 von Paul Reckendorfer rekonstruiert.
In Kooperation mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe | www.lwl.org